Chancenaufenthaltsrecht kommt!

Wir geben langjährig Geduldeten eine verlässliche Perspektive. Die Dachauer Familie E. hätte bleiben können.

Anlässlich der ersten Lesung im Bundestag zum neuen Chancenaufenthaltsrecht erklärt Michael Schrodi, der SPD-Bundestagsabgeordnete für Dachau und Fürstenfeldbruck.

Ich begrüße den Gesetzentwurf, der gut integrierten Menschen endlich eine Bleibeperspektive und einen Weg aus den unsicheren Kettenduldungen eröffnet. Profitieren werden von diesem einjährigen Aufenthaltsrecht auf Probe nicht nur die bis zu 135.000 Betroffenen, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben, sondern auch wir als Gesellschaft. Diese Menschen sind Teil unserer Gemeinschaft geworden und viele leisten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seit Jahren einen wichtigen Beitrag. Sie verdienen längst die Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht.“

Das Chancenaufenthaltsrecht hat auch direkte Bedeutung für die Region, erläutert Michael Schrodi: „In meinem Wahlkreis gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Abschiebungen, die für Aufsehen und berechtigte Empörung gesorgt haben.“ Ein aktuelles Beispiel sei der Fall der Familie E. aus dem Landkreis Dachau. „Fakt ist: Familie E. hätte unter das aktuelle Chancenaufenthaltsrecht fallen können – wenn das Landratsamt Dachau sie nicht im Juli 2022 in einer inhumanen Nachtaktion abgeschoben hätte“, erklärt der Abgeordnete für den Dachauer Wahlkreis weiter.

Das neue Chancenaufenthaltsrecht richtet sich an Menschen, die bis zum 1. Januar 2022 seit fünf Jahren mit Duldung, Gestattung oder Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben. Sie erhalten ein Jahr Zeit, um die Voraussetzungen für ein reguläres Bleiberecht zu erfüllen. In dem schon seit Anfang Juli vorliegenden Gesetzentwurf wurden im Vergleich zur ersten Fassung bereits verschiedene Änderungen aufgenommen, wie von humanitären Verbänden angeregt. So werden nun zum Beispiel auch Zeiten der Duldung mit ungeklärter Identität („Duldung light“) angerechnet.

Bereits im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung Ende November 2021 die Eckpunkte für das Chancenaufenthaltsrecht festgelegt. Zahlreiche Bundesländer haben daraufhin in abgewogenen Vorgriffsregelungen Abschiebungen für mögliche Betroffene ausgesetzt.

Anders in Bayern und im Landratsamt Dachau. Hier wurde mit der Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung die Möglichkeit geschaffen, Personen, die vom Chancenaufenthaltsrechts profitieren würden, schnell abzuschieben. Wie einschlägige Rechtsprechung zeigt, ist der Status der Duldung aber wiederherzustellen, „wenn die Abschiebung zwar möglich ist, die Ausreisepflicht des Ausländers aber nicht ohne Verzögerung durchgesetzt werden kann.“ Im Falle der Familie E. wurde die Grenzübertrittsbescheinigung ungewöhnlich häufig auf insgesamt über sieben Monate verlängert. Das Verhalten des Landratsamts Dachau ist auffällig. „Unterhalb einer Duldung gibt es eigentlich keinen Status. Die Familie hätte daher eigentlich längst wieder eine Duldung erhalten müssen“, betont Schrodi.

Darüber hinaus gehen die Verhandlungen über den Gesetzentwurf auch nach der ersten Lesung im Bundestag weiter. Welche Voraussetzungen genau gelten werden und ob auch Personen die Chance bekommen, die temporär keine Duldung haben, wird derzeit im Gesetzgebungsverfahren geklärt. „Ich habe gegenüber dem Landratsamt deshalb mehrmals darauf gedrängt, dass Abschiebungen für Personen ausgesetzt werden, die unter das neue Gesetz fallen könnten. Die Familie E. hat zu dieser Gruppe gehört und hätte nicht abgeschoben werden dürfen. Der Landrat hat stattdessen eigenmächtig Fakten geschaffen und der Familie offenbar bewusst und gewollt ihre Chance auf eine Bleibeperspektive genommen.“

Kritisch äußert sich Schrodi auch gegenüber der Bayerischen Staatsregierung: „Markus Söder und seine CSU lehnen das Chancenaufenthaltsrecht vollständig ab. Die CSU scheint vor der Landtagswahl auf einen inhumanen und zudem wirtschaftlich und gesellschaftlich falschen Anti-Migrationskurs zu setzen. Dazu haben wir übrigens noch keine einzige öffentliche Stellungnahme des Dachauer Landrats für eine vernünftige Integrationspolitik vernommen“, so Schrodi.

Neben seiner Unterstützung für das neue Gesetz will er sich weiter dafür einsetzen, dass Familie E. zeitnah nach Karlsfeld zurückkehren kann.